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05.10.2023 | Veranstaltungen
Jahrgang 1934 ist er, Pfarrerssohn, geboren in Creglingen. 29 Jahre alt war Hansmartin Simpfendörfer, als er 1963 der SPD beitrat. Da war er seit zwei Jahren Lehrer am Weikersheimer Gymnasium. Seine Entscheidung für die Parteimitgliedschaft sei also „keine Jugendsünde“ gewesen, wie der Kreisvorsitzende Thomas Kraft betonte.
Ein derart stolzes Jubiläum muss gefeiert werden: Schließlich stand Simpfendörfer nicht nur etliche Jahre dem Ortsverband vor, sondern setzte sich als Gemeinde- und Kreisrat sowie von 1972 bis 1980 während der Kanzlerschaften von Willy Brandt und Helmut Schmidt im Bundestag engagiert für die Bürgerschaft ein.
Zu ihrem größten Bedauern konnte die Ortsvereinsvorsitzende Hildegard Buchwitz-Schmidt nicht selbst an der kleinen Jubiläumsveranstaltung im Uhu-Treff teilnehmen. In ihrer Vertretung begrüßte ihr Vorgänger Günter Breitenbacher neben dem Jubilar und seiner Gattin Mathilde Simpfendörfer Weikersheims Bürgermeister Nick Schuppert, den Kreisverbandsvorsitzenden Thomas Kraft, SPD-Kreisrätin Ute Schindler-Neidlein sowie Ortsvereinsmitglieder und SPD-Mitglieder aus den Nachbargemeinden.
Bürgermeister Nick Schuppert, selbst Genosse mit derzeit aufgrund seines Amtes ruhender Mitgliedschaft, würdigte Simpfendörfers vorbildhaft beständige Hingabe an die Demokratie.
Tatkräftige Unterstützung
Die ebenfalls aus Creglingen stammende Kreisrätin Ute Schindler-Neidlein erinnerte an Simpfendörfers tatkräftige Unterstützung bei der Gründung des dortigen Ortsvereins. Zahlreiche Briefe dokumentieren die Wertschätzung, die dem SPD-Mitglied, der nach eigenem Bekunden „nie Berufspolitiker werden wollte“, entgegengebracht wurde. Weitsichtig habe er bereits Anfang 1965 die Landfrauen angesprochen und zu einer Veranstaltung eingeladen, die sich der Thematik „Frau und Politik“ widmete. Weitsicht bewies Simpfendörfer auch in Umweltfragen: im selben Jahr verwies er bereits auf steigende Gesundheits- und Umweltbelastungen durch den zunehmenden Verkehr. Erst 1972 veröffentlichte der Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“.
Werdegang skizziert
Daran erinnerte der Kreisvorsitzende Thomas Kraft, der kurz das politische Umfeld, in dem Simpfendörfer vom Parteineuling zum Bundestagsabgeordneten wurde, skizzierte: zwei Jahre nach dem Mauerbau war Simpfendörfer der Partei beigetreten, zwei Jahre nach Unterzeichnung der Ostverträge fand er sich bei der historischen Bundestagswahl 1972 – für die SPD stimmten bundesweit fast 46, in Baden-Württemberg knapp 37 Prozent der Wählerinnen und Wähler – als Mandatsträger im Bundestag: „Ein Aktivposten, ein Leuchtturm, der Halt und Orientierung gibt“ und bis heute hohe Achtung und Sympathie genießt. Aktuell muss die SPD als führende Regierungspartei reichlich Kritik einstecken, doch „Politik war nie leicht“, so Kraft, der mit Blick auf die so genannten Klimakleber und eine mit NSU und Reichsbürgern umsturzwillige extreme Rechte an frühere Herausforderungen wie APO, Friedensbewegung und den RAF-Terror erinnerte.
Kompass nicht verloren
Die SPD habe „den Kompass nicht verloren“, große Herausforderungen wie Corona und die in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine befürchteten Krisen gemeistert und stelle sich den angesichts der Transformation zahlreichen Baustellen in Bildung, Wohnen, Energie, Mobilität und Wirtschaft ebenso wie der „Schicksalsaufgabe Klimaschutz“, die zugleich die neue soziale Frage sei. Das reichste eine Prozent der Weltbevölkerung, so Kraft, verursache einen Ausstoß von 8,5 Milliarden Tonnen CO2, die restlichen 99 Prozent nur einen Ausstoß von 6,1 Milliarden Tonnen. Sein Appell: „Wir müssen wieder kämpfen um die Grundlagen unserer Gesellschaft.“
Dieser Aufgabe stellte sich Hansmartin Simpfendörfer immer wieder, wie das von Günter Breitenbacher geführte Interview verdeutlichte. Erhard Eppler habe ihn beeindruckt, so Simpfendörfer, und er wollte die Ostpolitik Willy Brandts unterstützen. Im Ortsverein wurde der Lehrer schnell zum Vorsitzenden gewählt.
In der Region stellte er sich gegen die Kreisreform, als Mitglied des Tübinger Kreises, der zur „innerparteilichen Fraktion“ wurde, wendete er sich gegen verkrustete Parteistrukturen. Ohne die Zustimmung seiner Frau hätte er sich damals nicht bereit erklärt, für den Bundestag zu kandidieren, berichtete Hansmartin Simpfendörfer, und dass er auf keinen Fall dauerhaft Berufspolitiker werden wollte.
Im Haushaltsausschuss konnte er für die Region unter anderem die Finanzierung der Musikalischen Bildungsstätte mit auf den Weg bringen und sich für die Fortführung der Autobahn bis zum Feuchtwanger Kreuz stark machen. Dass er sich 1980 entschloss, wieder in den Lehrerberuf zurückzukehren, schlug im Wahlkreis, so Breitenbacher, „wie eine Bombe ein“.
Von Rückkehr überzeugt
Warum? Schönrederei ist bis heute nicht Simpfendörfers Sache. In innerparteilichen Differenzen um den richtigen Umgang mit dem „Deutschen Herbst“ nach der Ermordung von Hanns Martin Schleyer gehörte Simpfendörfer zu einer kleinen Minderheit – und auch auf Wahlkreisebene habe seine Arbeit nicht zu aufgeklärterem Wahlverhalten geführt.
Das habe ermüdet, so der ehemalige Bundestagsabgeordnete – und schließlich müsse sich ein Abgeordneter auch überzeugt selbst wählen. Ihn überzeugte die Rückkehr in den Beruf mehr. ibra
17.08.2023 | Veranstaltungen
Dieser Bericht beschreibt die persönlichen Eindrücke von zwei Teilnehmern aus Weikersheim an der Informationsreise der SPD-Kreisverbände Main-Tauber und Neckar-Odenwald zum Europaparlament nach Straßburg am 13. Juli 2023. Hinsichtlich der Inhalte des Gesprächs mit Prof. Repasi sei auch auf den Bericht der Kreis-SPD (spd-maintauber.de) verwiesen.
Wir hatten noch nie ein Parlamentsgebäude vom innen gesehen, deshalb waren wir sehr gespannt, was uns erwarten würde. Sicher kennt man die Bilder aus dem Fernsehen, aber ein persönliches Erleben ist doch etwas anderes. Mit einer Reihe anderer Mitfahrer stiegen wir am Park&Ride-Parkplatz Boxberg in den Bus. Die Anfahrt dieser-Parkplätze hat unserem Busfahrer sein ganzes Können abverlangt. Mit jedem Halt füllte sich der Bus immer mehr, sodass wir schließlich mit ca. 50 Personen in Straßburg am Parlamentsgebäude ankamen.
Nun würden wir also gleich eintauchen in eines der Zentren europäischer Politik. Nach einer Kontrolle wie am Flughafen ging es durch eine Art Tunnel und dann standen wir auf dem großen, ovalen Innenhof des Parlamentsgebäudes, rundum umgeben von einer beeindruckenden Fassade aus Glas und Beton. Dort wurden wir von einem Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Empfang genommen, der uns während des gesamten Parlamentsbesuchs begleitete und uns durch das Gebäude führte. Er machte uns darauf aufmerksam, dass ein Teil des Gebäudes unfertig wirkt. Dies ist jedoch keine Folge des Brexits oder knappe Geldmittel, sondern die Architekten wollten damit symbolisieren, dass auch Europa noch lange nicht vollendet ist.
Unser Weg führte uns auf lichtdurchfluteten Gängen, vorbei an Besprechungsräumen und Büros zum Besucherbalkon im Plenarsaal. Unterwegs sahen wir auch einige Fernsehteams, die Interviews mit Parlamentariern aufzeichneten.
Der Plenarsaal selbst wirkte noch gewaltiger als wir uns das vorgestellt hatten. Wie ist es möglich, dass Menschen aus so viel verschiedenen Ländern Themen erörtern und konstruktive Vorschläge erarbeiten? Eine große Herausforderung ist die Sprachenvielfalt. Jedes Mitgliedsland der EU darf eine Landessprache bestimmen, in welcher die eigenen Beiträge gehalten werden können und in welche die Beiträge anderssprachiger Sitzungsteilnehmer übersetzt werden. Da die Übersetzer nicht alle möglichen Sprachkombinationen beherrschen, erfolgt die Übersetzung oft zweistufig, d.h. ein Beitrag wird zunächst in eine der Hauptsprachen übersetzt und von dort aus weiter in die jeweilige Landessprache. Trotzdem erfolgt die Übersetzung simultan. Auch in Zuschauerraum konnten wir über Kopfhörer die verschiedenen Sprachkanäle mithören. Durch den Brexit wäre Englisch als Sprache eigentlich aus dem Europaparlament verschwunden, aber es wurde beschlossen, Englisch als Sprache wegen seiner weltweiten Verbreitung beizubehalten.
Das Europaparlament unterscheidet sich in der Arbeitsweise von anderen Parlamenten. Fraktions- und länderübergreifende Zusammenarbeit ist an der Tagesordnung, und Fraktionszwangs findet praktisch nicht statt.
Beeindruckt hatte uns auch, wie knapp die Redezeiten mit 30 Sekunden oder einer Minute bemessen sind und mit welcher Konsequenz das Sitzungspräsidium auf die Einhaltung der Redezeiten achtet.
Gespräch mit MdEP Prof. René Repasi/SPD
Ein Höhepunkt der Reise war ein Gespräch mit dem SPD-Europaabgeordneten René Repasi, der auch die beiden Kreise Main-Tauber und Neckar-Odenwald im Europaparlament vertritt. Anhand seines Lebenslaufs verdeutlichte er den Geist und die Errungenschaften Europas. Er hat einen Ungarn als Vater und eine Deutsche als Mutter, ist mit einer Polin verheiratet und wurde nach seiner akademischen Ausbildung an die Erasmus-Universität Rotterdam berufen. Nicht nur im Hinblick auf die Europawahl versuchen populistische Gruppierungen dem Ansehen Europas zu schaden. Die EU suche derzeit nach Mitteln, um Länder wie Ungarn und Polen zur Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen zu bringen.
Nach dieser Vorstellung konnten wir wie alle Mitglieder der Reisegruppe Fragen an Prof. Repasi stellen. Es ging unter anderem darum, das soziale Gleichgewicht (z.B. Entlastung für den „kleine Mann“) zu verbessern.
Straßburg – Eine Stadt mit deutsch-französischer Tradition
Nach der Besichtigung des Europaparlaments wurde die Reisegruppe vom Bus in die Innenstadt gebracht. Dort standen uns noch zwei Stunden zur Verfügung, um Straßburg auf eigene Faust zu erkunden. Die Stadt liegt nicht nur an der Deutsch-Französischen Grenze, Namen von Straßen und Ortsteilen, aber auch viele Gebäude zeugen von der wechselhaften Geschichte der Stadt mit deutschen und französischen Einflüssen.
Zum Schluss des Straßburg-Besuches erlebten wir noch eine kleine Überraschung. Als wir zum vereinbarten Treffpunkt für die Rückfahrt kamen, waren dort alle Straßen zur Vorbereitung des Nationalfeiertags am nächsten Tag gesperrt. Stattdessen erlebten wir eine Probe für den Feiertagsaufmarsch.
Nach einem kurzen Fußmarsch erreichten wir dann den Bus und konnte nach einem informativen und ereignisreichen Tag zufrieden nach Hause fahren.
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